Anandoham Sanskrit-Mantra

Anandoham Anandambrahm – ein einfaches und tiefsinniges Sanskrit-Mantra

Anandoham Melodie-dhyana.at

Worterklärung:

ānanda = die Glückseligkeit

aham = ich

brahma = der universale Schöpfergeist

Nach den speziellen Lautgesetzen des Sanskrit werden die Worte ānandaḥ und aham zu anandoham zusammengezogen. Eine wörtliche Übersetzung des Mantra könnte in etwa lauten:

Ich bin Glückseligkeit, ich bin glückseliger universeller Geist.

So wie die deutsche Sprache die Steigerung von Seligkeit zu Glück-seligkeit kennt, gibt es im Sanskrit das Wort nanda mit der Bedeutung „Freude“ oder „Seligkeit“ und als Steigerung ā-nanda, die Glückseligkeit. Viele indische Namen beginnen oder enden mit „Ananda“, so zum Beispiel Anandamayi Ma.

Verschiedene Begriffserklärungen zu ānanda

Ānanda, die Glückseligkeit, Freude oder höchste Wonne, kann man zunächst mehr im psychologischen Sinn deuten:

Sukadev Bretz – Ich bin Ananda – Wonne

Der dritte Teil dieser Überlegungen ist Ananda: Ich bin Wonne. Darüber war ja eine ganze Lektion: Das Selbst als Ananda, als Freude. Auch die Unterscheidung zwischen Ananda und Sukha Dukkha. Ich bin Freude, Ananda. Ich bin nicht Vergnügen, ich bin nicht der vergnügte Gemütszustand, ich bin die Freude an sich. Woher weiß ich das, dass ich Freude bin? Wenn ich mich nicht identifiziere mit dem Körper. Wenn ich mich nicht identifiziere mit der Psyche. Wenn ich ganz bei mir bin. Wenn ich mich erkenne als ohne Grenze. Als ewig. Und wenn ich dann voll bewusst bin, dann ist dort reine Freude. Und deshalb weiß ich: Anandoham, ich bin Freude.¹

Eine sehr strenge, aus der asketischen Yogatradition stammende Erläuterung von Ananda – der Wonne – stammt von Swami Sivananda:

Swami Sivananda über Ananda (Wonne)

Menschen, denen kein äußerst scharfsinniger und reiner Verstand, kühnes Verstehen und ausdauernder Wisse zu eigen ist, werden vom Studium der Shastras keinen Nutzen ziehen. Ein Bad im Ganges, Askese und eine Pilgerreise reinigen nur das Herz, aber sie helfen nicht dabei, direkt den unbefleckten Thron Brahmas zu erreichen. Es geschieht nur unter größter persönlicher Anstrengung sowie dem Ausrichten des Geistes auf das Höchste Selbst und mittels ununterbrochener, langewährender Meditation, dass man die höchste Wonne erreichen kann.²

Heinz Grill richtet in seiner Interpretation zu Ananda das Augenmerk auf die geistige Wesensnatur des Gedankens in seiner Beziehung zum Menschen:

Heinz Grill über die Bedeutung von ānanda

Wer ist der Gedanke? Der Gedanke ist in der Regel ein Fremder. Gedanken sind zunächst nicht diese Dinge, die wir hier auf der Erde sehen. Wer sieht den Gedanken? Wer kann den Gedanken greifen? Wir können nur all diese Sachen, all diese Gegenstände greifen, die tatsächlich dieser sinnesgefälligen Welt angehören, aber den Gedanken können wir nicht ergreifen. Den Gedanken können wir eigentlich gar nicht sehen und wir können ihn auch noch nicht richtig als eine wahre Existenz definieren, da er sich nicht leicht in eine Definition zwängen lässt.

 

Dennoch ist der Gedanke die Grundlage des Ich-Selbstes. Das Ich-Selbst wäre nicht existent, wenn es keinen Gedanken geben würde. Das Ich-Selbst könnte gar nicht als ein Selbstwertgefühl auftreten, wenn es nicht Gedanken geben würde. Diese feinen Lichtwesenheiten, diese feinen Existenzwesenheiten, diese Seinsexistenzen sind göttlicher Art. Woher kommen sie? Sie kommen aus einer geistigen Welt und sie zeigen an, dass wir selbst geistig sind. Indem wir Gedanken automatisch reflektieren, sind wir noch nicht geistig tätig.

 

Indem wir aber Gedanken bewusst erleben, indem wir langsam nicht nur die Reflektion erleben, sondern in den Prozessen des Gehirns eine Erlebnis finden, dass der Gedanke für sich eine eigene Existenzeinheit darstellt, den Gedanken nun zu führen, zu beobachten und zu konzentrieren beginnen, bemerken wir, dass es ein inneres Licht gibt, dass das Licht selbst tätig ist und wir werden bald, wenn der Prozess in der Meditation fortschreitet, feststellen, dass wir selbst dieser Gedanke sind.

 

Aus diesem Grund ist im indischen Glauben, im Yogaglauben häufig angegeben: Was ist dieser Körper? Der Körper gehört der sterblichen Welt an, aber da gibt es darüber hinaus eine unsterbliche Welt, die meistens gar nicht genau definiert wird, aber von deren Existenz derjenige, der nach Yoga strebt, weiß oder von der er zumindest eine Ahnung besitzt und es entsteht aus dieser Bewusstheit heraus das Mantra:

 

Ich bin Glückseligkeit, Glückseligkeit bin ich.

 

Dieses Mantra kann erst in die Erkenntnis gelangen, wenn der Gedanke als tiefe, geistige Seinsexistenz erfahren wird:

 

OM OM OM ānandoham, ānandoham, ānandambrahm, ānandam

 

Erweitert übersetzt lautet es:

 

Ich lebe im Gedanken, der Gedanke bin ich, ich bin wirkend im Gedanken, der Gedanke ist Glückseligkeit.³

Wenn ich versuche, die verschiedenen Gedanken zusammenzufassen, dann bezeichnet das Sanskritwort ānanda eine Realität, für die der Mensch erst einen Sinn entwickeln muss. Über Meditation und geistige Schulung lernt er die geistige Qualität des Gedankens von den materiellen Ausstrahlungen des Körpers unterscheiden. Als gelebte Erfahrung äußert sich diese Unterscheidung in Glückseligkeit oder himmlischer Wonne.

Textquellen:

(1) Sukadev Bretz, Vortrag aus dem Jahr 2019

(2) Swami Sivananda, Stories from Yoga Vasishtha, (Übersetzung: Yoga Vidya)

(3) Heinz Grill, Die Bedeutung von ānanda, Lammers-Koll-Verlag 2006

 

Bildquellennachweis (20-11-03): Rapsfeld-Bild von Detmold auf pixabay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • dhyana.at ist eine unabhängige Seite mit Infos und Tipps zu den Themen Meditation, Spiritualität und Yoga