Die Corona-Impfung vom Standpunkt des Yoga

Sonne-Bild von Tomasz Marciniak auf pixabay

Die Sonne gilt in Indien als Symbol und Ideal für die irdischen Verhältnisse.

Die Menschheit ist gespalten wie noch nie zuvor und aktuell ist es das Thema der Impfung gegen Corona, das zu einer Einteilung der Bevölkerung in Befürworter und Gegner führt. Diesen Zustand finde ich besorgniserregend und vielen wird es so ergehen wie mir, dass man im eigenen Umfeld bemerkt, wie die Menschen zunehmend unter den trennenden Gefühlen leiden. Die menschliche Würde oder die Unversehrtheit der Person ist allein dadurch schon auf weiter Ebene nicht mehr gegeben, dass sehr viele Menschen entweder Angst davor haben, an Covid-19 zu erkranken oder aber sich vor dem Risiko möglicher unbekannter Nebenwirkungen im Zusammenhang mit einer nicht ausreichend getesteten Impfung fürchten. Das Damoklesschwert der Zwangsimpfung, sei es direkt oder „durch die Hintertür“, hängt über unseren Landen und stachelt die Gemüter an, sich in ereiferten Diskussionen zu verausgaben. Welcher Standpunkt ergibt sich aus der Yoga-Philosophie zu dieser aktuellen Problematik?

Orientierung in der Frage der Impfung anhand der Philosophie des Yoga

Sowohl der Impfbefürworter wie der Impfkritiker beanspruchen den Wert der Gesundheit für sich. So mancher kennt vielleicht Personen mit schweren Krankheitsverläufen oder gar Todesfälle, die im Zusammenhang mit einer Erkrankung an Covid-19 eingetreten sind und wünscht sich einen Schutz vor der Ansteckung durch die Impfung. Der weitaus größte Teil der Impfbefürworter dürfte aber viel eher die Hoffnung hegen, dass die Impfung ein geeignetes Instrument sei, um endlich alle Maßnahmen beenden und wieder in Freiheit leben zu können. Den Impfkritikern bereitet meist der Umstand große Bedenken, dass es sich bei der Impfung gegen Covid-19 um eine reine Notfallzulassung handelt und noch jahrelange Untersuchungen notwendig sind, bis definitive Aussagen über die Wirksamkeit und Sicherheit der Impfung gemacht werden können. Die Positionen stehen sich diametral gegenüber und somit kann niemand seine Integrität wahren und in Übereinstimmung mit seiner Überzeugung handeln, ohne zwangsläufig mit der anderen Seite in Konflikt zu kommen. Gibt es denn gar keine Verbindung zwischen den unterschiedlichen Standpunkten? Die Ausrichtung an der Yoga-Philosophie, wie sie mich und viele andere Menschen begleitet, fordert jedenfalls geradezu auf, nach einem polaritätsfreien Standpunkt Ausschau zu halten, denn dies lag seit jeher in der Intention der großen Philosophen und religiösen Lehrer Indiens.

Das Sanskrit ist nicht nur die Wurzel aller indoeuropäischen Sprachen, sondern vor allem eine Sprache der gehobenen religiösen Mitteilung, die in Indien zu keiner Zeit eine Alltagssprache gewesen ist. Wie hatte man wohl damals, zur Zeit der Blüte der Altindischen Kultur, den Wert der Unversehrtheit der Person und ihrer gesunden Position in der Welt empfunden? Mit dieser Fragestellung stößt man auf den Begriff śīla (sprich: schiila) als Ausdruck für das, was ein Mensch in seinem innersten Wesen an guten Kapazitäten entweder mitgebracht oder sich durch ausdauernde Auseinandersetzung mit philosophischen Inhalten im Leben zu eigen gemacht hat. śīla ist mehr als eine intellektuelle Überzeugung, die man für sich gewonnen hat und die man nun nach außen vertritt. Es ist das innere geistige Potential des Menschen selbst, das dieser zu einer bestmöglichen Übereinstimmung mit seinen Taten im Leben führt. Ein Zitat des Sanskritgelehrten Monier-Williams über das Manusmṛiti, einen wichtigen Text zur Rechtslehre (Dharmaśāstra), kann das Gesagte noch näher erläutern:

Im Vers 6 des zweiten Buches finden wir eine Bemerkung über die Wurzel allen Rechts. Diese besteht erklärtermaßen aus (I.) den ganzen Veden, (II.) der traditionellen Rechtsprechung, (III.) der Moralität (śīlam) derer, die den Veda kennen und (IV.) den Praktiken und Gebräuchen, die sich seit jeher durch die Taten guter Menschen ins Gedächtnis eingeprägt haben. In Belanglosigkeiten kann der Mensch seinen persönlichen Neigungen folgen.¹

Das kurze Textzitat hinterlässt einen Eindruck davon, wie sich die gesamte indische Kultur durch das Studium der Veden erbaut hat. Der integre Mensch war in diesem Sinne derjenige, der die hohe Ethik der Veden mit ihrer zentrierten Ausrichtung auf die Gesetzmäßigkeiten der kosmischen und geistigen Welten so sehr verinnerlicht hatte, dass sie auf authentische Weise in seinem Denken und Handeln zum Ausdruck kam. Die „persönlichen Neigungen“ wurden hingegen als eine sehr relative Erscheinung betrachtet, der man nur in belanglosen Lebensangelegenheiten bedenkenlos Folge leisten sollte.

Eine Informationskultur ist nicht möglich ohne Beziehungskultur

Bhakdi-Reiss-rotary1980.ch

Karina Reiss und Sucharit Bhakdi forschen gemeinsam zur Corona-Impfung.

Mit diesem erweiterten Integritätsbegriff aus der Yoga-Philosophie soll nun noch einmal der Blick auf Corona und die Impfung gelenkt werden. Denn außer den beiden großen Lagern der Befürworter und der Gegner findet man tatsächlich nicht wenige Beispiele von Personen, die sich gerade angesichts der weltweiten Krise zu außerordentlich authentischen Handlungen und Worten aufrichten. So ist z.B. der Infektionsepidemiologe Prof. Dr. Sucharit Bhakdi um eine Darlegung wissenschaftlicher Zusammenhänge in allgemein verständlicher Form bemüht. Wer sich selbst die Freiheit einräumt, unabhängig von der persönlichen Positionierung im Kampf der Meinungen, einem Phänomen wie der Immunität oder der mRNA-Impfung bei Corona auf den Grund zu gehen, wird aus den sachlichen Informationen von Sucharit Bhakdi einen großen Nutzen ziehen. Letztlich leistet dieser einen Beitrag zur Wiederherstellung der Integrität für viele Menschen, denn wer sich mit seinen Ausführungen befasst, sei er Impfbefürworter oder Impfgegner, fühlt sich auf eine solide und angstfreie Weise informiert.

So schrieb er z.B. in seinem Buch Corona Fehlalarm über die Immunität bei Corona, dass vermutlich die auf der Aktivität der T-Lymphozyten basierende allgemeine Hintergrundimmunität wesentlicher ist als die Rolle der spezifischen Antikörper:

Bedeutet „immun“, dass wir überhaupt nicht infiziert werden? Nein, es bedeutet, dass wir nicht ernsthaft krank werden. Und nicht krank werden beruht nicht allein auf der Verhinderung einer Infektion durch Antikörper, sondern vor allem auf dem „Löschen des Brandes“ (durch die Aktivität der T-Lymphozyten, wie weiter vorne im Buch erklärt wurde). Wenn eine neue Virus-Variante erscheint, können sich viele Menschen infizieren, aber da die Brände schnell gelöscht werden, werden sie nicht ernsthaft krank. In relativ wenigen Fällen kommt es zu Flächenbränden – eine schwere Erkrankung ist dann die Folge. Aber solange keine andere Krankheit mitmischt, wird das Immunsystem in der Regel letztendlich obsiegen. Infektionen mit Coronaviren sind deswegen fast nur für Menschen mit bereits bestehenden Vorerkrankungen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. ²

Anhand einer solchen Beschreibung kann nun jedermann selbst die Geschehnisse in seinem persönlichen Umfeld auf eine konkrete Weise interpretieren und sich eine Anschauung von der Richtigkeit – oder Verkehrtheit – des Gesagten bilden. Der Inder erlebte sich einst im Studieren geistiger allgemeingültiger Gesetze in seiner persönlichen Authentizität. Ist es nicht auf ähnliche Weise heute mit der Impffrage gegeben, dass man sich in dem Moment wieder mehr integer und intakt fühlen kann, wenn es gelingt, die persönliche vorgefasste Meinung zurück zu stellen und einmal objektiv und somit polaritätsfrei hinzuschauen, wie die verschiedenen Zusammenhänge, z.B. hinsichtlich des Unterschieds zwischen „infiziert“ und „positiv getestet“ sind?  Nach meiner Einschätzung wird sich solch eine objektive Sicht auf die Dinge jedoch nur realisieren lassen, wenn man auch der Person Bhakdi selbst, wie jeder anderen Informationsquelle, möglichst vorurteilsfrei und mit Interesse begegnet.

Mit der Realisierung hoher Ideale die verletzte Integrität wiederherstellen

Arm-Reich-Bild von Thomas G. auf pixabay

Gewisse reiche Personen profitieren von der Pandemie.

Der Yoga-Experte und anthroposophische Heilpraktiker Heinz Grill regt ebenfalls ein polaritätsfreies Umgehen mit der Frage der Corona-Impfung an. Und zwar tut er dies anhand der Unterscheidung zwischen dem rein körperlichen Dasein und der Energie, die sich aus guten Idealen für das Leben freisetzen kann:

Indem sich nun der Einzelne in aller Klarheit vergegenwärtigt, dass eine Impfung eine rein körperliche Maßnahme ist und er deshalb nicht mit vielerlei Ängsten dieser begegnet, könnte er bereits einen besseren Schutz gegen Folgewirkungen und Schäden entwickeln. Die vielen Ängste, die eine Impfung begleiten oder auch die reine Gehorsamspflicht in der Hoffnung, es wird alles gut gehen, erzeugen mit relativ großer Wahrscheinlichkeit Komplikationen. Der Körper wird durch die Impfung in einen besonderen Zustand versetzt, jedoch kann der Einzelne sich vergegenwärtigen, dass er in seinem Bewusstsein frei von allen diesen Reaktionen bleiben möchte. ³

Nach dieser Anschauung ist es also die Bewusstseinskraft des Menschen selbst, die ihn über die Spannung zwischen der Angst vor den Nebenwirkungen der Impfung, der Angst vor einer schweren Erkrankung und dem Gefühl der Unerträglichkeit der von den Regierungen auferlegten Maßnahmen hinaus heben kann. Wie aus seinen Blogartikeln hervorgeht, sieht Heinz Grill die gesamte Coronasituation als Folge der zunehmend in der Welt aufgebauten Spannungen, wie sie zum Beispiel in der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich zum Vorschein kommen.4 Deshalb braucht es seiner Ansicht nach über eine klare Bewusstseinshaltung hinaus noch eine größere Bemühung, um die Unversehrtheit auf personeller wie auch auf wirtschaftlicher Ebene wieder herzustellen:

Anstatt die Wirtschaftssituation im Betrieb notdürftig zu retten, müssten regelrecht Gedanken zur Entwicklung erblühen, wie ein ideales Zusammenwirken für eine beste Firma und Teamarbeit aussehen können. Nicht dem Negativen dürfte man hinterhergehen, gleichsam wie der Einzelne in einer Militärkolonne dem Anführer folgt, der die Mannschaft ins Verhängnis führt. Man müsste zur selbstständigen Denktätigkeit ausbrechen und die besten Verhältnisse für die menschliche Kultur und für das Zusammenwirken untereinander denken. Dieses Vorstellungsvermögen wäre die Schaffenskraft, die, wie George Bernard Shaw sagt, am Anfang allen Werdens liegt und sie würde dem Menschen den Kern seiner Seele geben. Sie wäre die Mitte, die Kraft, die Immunkompetenz und würde wachsende Integrität bewirken. (ebd.)

Eine Rückkehr zur alten, gewohnten Normalität anhand der Maßnahme der Impfung kann es in diesem Sinne tatsächlich nicht geben, denn das wäre ein Widerspruch zu den kosmischen Gesetzmäßigkeiten: Schließlich sind die Gestirne ebenfalls immer in Bewegung und jeder Tag beginnt mit einer neuen Konstellation. So ergibt es sich aus der Yoga-Philosophie, dass der Mensch dann seine verletzte Integrität und somit seine ganze Gesundheit wiederherstellen kann, wenn er sich in eine Entwicklung begibt, die aber nicht subjektiv intellektuell oder emotional begründet ist, sondern die konkreten, realen und hohen Idealen entspricht. Ein wirtschaftlicher Betrieb könnte z. B. nach Heinz Grill im idealen Sinne eine ähnliche positive Ausstrahlung auf die verschiedenen Kontakte in der Umgebung gewinnen, wie es die Sonne im Kosmos selbst mit ihren warmen und lebenskräftigen Strahlen vormacht.5

Zusammengefasst kann der Standpunkt des Yoga gerade in Hinsicht auf Corona und die Impfung eine polaritätsfreie Sicht gewähren. Śīla, die Übereinstimmung des geistig möglichen Potentials eines Menschen mit seiner tatsächlichen Lebenspraxis, fordert dazu heraus, dass man sich z. B. anhand der Bücher von Prof. Dr. Sucharit Bhakdi gut über die Umstände der Krankheit Covid-19 sowie der mRNA-Impfung informiert. Damit können Ängste vermutlich bereits recht weitgehend zurückweichen. Wenn man dann noch hergeht und größere Ideale für die Zukunft entwickelt im Sinne von Visionen, die über die persönlichen Sorgen und Nöte hinausgehen, so ist nach der Einschätzung von Heinz Grill eine gute Perspektive gegeben, dass selbst sogar der körperliche Eingriff einer nicht ausreichend geprüften Impfung ohne Komplikationen verlaufen kann. Die großen Asketen im Yoga haben diese Dinge immer gewusst, dass zur Ertüchtigung des Körpers moralische und charakterliche Fortschritte hinzu kommen müssen, denn nur so kann es kraft des Bewusstseins gelingen, z.B. über glühende Kohlen zu laufen.6

Anmerkungen und Quellenangaben:

(1) Monier-Williams, Indian Wisdom, https://archive.org/details/wg210/page/208/mode/2up , abgerufen am 05.03.2021. Die Veden, oder der Veda, gehören zu den ältesten Schriftwerken der Menschheit und gelten im Hinduismus als unmittelbare Offenbarungen aus den geistigen Welten, ähnlich wie die Bibel für die Christen.

(2) Sucharit Bhakdi + Karina Reiss, Corona Fehlalarm, Ergänzung: Immunität gegen Covid-19, https://coronafehlalarm.de/wp-content/uploads/2021/02/corona-fehlalarm_anhang-immunitaet_2020-09-29.pdf, abgerufen am 06.03.2021

(3) Heinz Grill, Wie können Impfschäden durch Spiritualität verhindert werden? https://heinz-grill.de/impfung-gewissensfrage/, abgerufen am 06.03.2021

(4) Heinz Grill, Die geistige Ursache des Coronavirus, https://heinz-grill.de/geistige-ursache-corona/, abgerufen am 10.03.2021

(5) Siehe: Heinz Grill, Die Idee des rhythmischen Zusammenwirkens, Stephan-Wunderlich-Verlag 2015, ISBN 9783981585582

(6) Siehe dazu in der indischen Erzählung der Bhagavadgita die Belehrung, die Krishna seinem Schüler Arjuna zukommen lässt, als dieser große Krieger übermannt von Zweifeln und Emotionen kurz vor der Schlacht seinen Bogen sinken lässt: „Vergänglich sind, o Sohn der Kunti, die materiellen Berührungen von Kälte und Hitze, von Freude und Leid. Sie kommen und gehen. Lerne dies zu ertragen, o Bharata! Der Mensch, den sie nicht mehr bekümmern noch schmerzen, o Löwenherz unter den Männern, der Starke und Weise, der ausgeglichenen Sinnes ist in Freude und Leid, er bereitet sich zu für die Unsterblichkeit.“ Sri Aurobindo, Bhagavadgita, Verlag Hinder + Deelmann 2013, ISBN 9783873481633, Kapitel II, 14-15

Bildquellennachweis (21-03-16): Sonne-Bild von Thomas Marciniak auf pixabay, Reiss-Bhakdi-rotary1980.ch, Arm-Reich-Bild von Thomas G. auf pixabay

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