Buchrezension der Textsammlung von Krishnamurti zum Thema Freiheit, herausgegeben von Mary Lutyens.
Mary Lutyens, die Krishnamurti seit ihrem dritten Lebensjahr kannte, hat mehrere biographischen Schriften über Jiddu Krishnamurti verfasst. Die deutschen Ausgaben davon sind leider alle vergriffen. Das vorliegende Büchlein hingegen wurde 2015 in der 37. Auflage gedruckt. Im Klappentext schreibt die Herausgeberin: “Das Buch ist auf Anregung und mit Genehmigung Krishnamurtis geschrieben worden. Der Text wurde aus einer Anzahl seiner letzten Reden ausgewählt… Für die Auswahl und Reihenfolge trage ich die Verantwortung.”
Eine Auswahl der 21 Kapitelüberschriften: Glückseligkeit, Egozentrik, Freiheit, Liebe, Schönheit, Der Beobachter und das Beobachtete, Das Denken, Meditation.
Anhand der ausgewählten Texte gewinnt der Leser einen Einblick in die Philosophie Krishnamurtis. Es ist eine “dem Leben abgeschaute” Philosophie und somit sind die Texte unmittelbare Anregungen, um das eigene Leben auf tiefere Weise zu betrachten. Die Haltung des unermüdlichen Sich-Stellens im Betrachten des eigenen Inneren und auch der Umwelt kennzeichnet auch den Begriff der Freiheit, wie sie Krishnamurti sieht. Ein bloßes, auf intellektuellen Einsichten beruhendes Sich-frei-Machen von einem Umstand ist noch keine wahre Freiheit. Diese wahre Freiheit benötigt einen sehr wachen Geist, der imstande ist, gegenwärtig wahrzunehmen und aus dieser Wahrnehmung heraus zu handeln, ohne auf bisheriges angeeignetes Wissen zurück zu greifen.
Da es sich bei den Texten um Ausschnitte aus Vorträgen handelt, ist der Sprachstil sehr unmittelbar, wie in einem Dialog zum Leser gerichtet. Krishnamurti möchte in seinen Vorträgen nicht belehren, sondern gemeinsam mit dem Zuhörer aktuell und frisch den Inhalt des jeweiligen Themas erforschen. So stellt er immer wieder Fragen, die den Zuhörer zum aktiven Mitdenken anregen. Im Kapitel Liebe heißt es zum Beispiel:
Kennt Liebe das Gefühl der Verantwortung und der Pflicht, und wird sie diese Worte gebrauchen? Wenn Sie etwas aus Pflicht tun, liegt darin noch Liebe? In der Pflicht gibt es keine Liebe. Der Begriff der Pflicht, der den Menschen gefangen hält, zerstört ihn. Solange Sie gezwungen sind, etwas zu tun, weil es Ihre Pflicht ist, lieben Sie das nicht, was Sie tun. Wo Liebe ist, gibt es kein Gefühl der Pflicht und der Verantwortung.
Nun könnte man natürlich einwenden, dass Verantwortung doch eine bedeutende Haltung im Leben ist. Man dürfe sie deshalb nicht so negativ im Sinne bloßer Pflichterfüllung verstehen. An diesem Einwand wird deutlich, dass bei der Lektüre von Krishnamurtis Schriften und Reden seine geistige Haltung und sein biographischer Hintergrund mit berücksichtigt werden müssen, wenn es keine Missverständnisse geben soll. In einem großen Akt innerer Auseinandersetzung hatte er sich als junger Mann von der ihm auferlegten Rolle als Weltenlehrer und Verkünder theosophischen Gedankenguts befreit.
Das Büchlein “Einbruch in die Freiheit” eignet sich als Lektüre für all jene Menschen, die in der Begegnung mit seiner Person eine Haltung kennen lernen möchten, die sich so weit als möglich unabhängig von überkommenen Weltbildern macht. Und sie eignet sich für all jene, die so wie er ein eigenständiges Forschen und Erkunden der Lebensumstände, frei von Konventionen und anerzogenen Denkmustern, anstreben. Das Betrachten der Dinge in größtmöglicher geistiger Freiheit ist nach Krishnamurti Meditation.
Spiritueller Wert 5/5
Praktischer Wert 5/5
Abbildung rechts: Buchtitel der englischsprachigen Biographie über Krishnamurti von Mary Lutyens.
Zum Autor Jiddu Krishnamurti gibt es bereits einen biographischen Überblick und eine Buchrezension auf dieser Webseite. „Einbruch in die Freiheit“ kann online erworben werden bei: Amazon.at, derbuchhaendler.at, Thalia.at
Jiddu Krishnamurti, Einbruch in die Freiheit, 175 Seiten, Paperback, Lotos Verlag 2015, 37. Auflage, ISBN 978-3-7787-8034-3
Bildquellen (17-08-12): Amazon.de, Amazon.com