Sri Krishna Govinda Hare Murare – Sanskrit Mantra

Sri Krishna Govinda Hare Murare, Hey Natha Narayana Vasudeva.

Bei diesem Mantra, das mit den Worten „Sri Krishna Govinda“ beginnt und aus der Tradition der Verehrung Krishnas hervorgegangen ist, möchte ich mich einmal daran wagen, eine moderne Interpretation darzulegen. Entsprechend fällt auch die Bebilderung im Video etwas ungewöhnlich aus.

Herkunft und Bedeutung der Worte

Vielfach verehren und verehrten Inder die Natur des Göttlichen in der Gestalt von Krishna. Krishna ist der flötenspielende Hirte, der Lehrer Arjunas in der Bhagavadgita, die bedeutendste Inkarnation des Göttlichen Erhalters Vishnu. Oft wird er mit blauer Hautfarbe dargestellt, was symbolisch die Unendlichkeit zum Ausdruck bringen soll. Dieses Mantra setzt sich aus sieben Namen für Krishna zusammen.

Was die Yoga-Tradition betrifft, so ist es vor allem die Bewegung des Bhakti-Yoga, die sich mit hingebungsvollen Gesängen an Krishna wendet. Bhakti bedeutet so viel wie Hingabe oder Verehrung. Die Worte im einzelnen:

Sri Krishna = Krishna, der Herr

Govinda = der, der die Kühe hütet

Hare = der das Böse wegnimmt

Murare = der den Dämonen Mura getötet hat

Hey Natha = o Herr

Narayana = göttlicher Erhalter

Vasudeva = der in den Herzen aller wohnt

Eine moderne Interpretation

Das Lied drückt den Wunsch aus, dass ein geistiges Licht für alle Menschen herein kommen soll. Eine Art Gnade soll sich herab senken für alle Menschen.¹ Symbolisch kann dies durch ein Dreieck mit der Spitze nach unten dargestellt werden.

Damit nun dieses Gnadenprinzip herabkommen kann, muss man ihr entgegengehen. D. h. für den modernen Menschen, es muss erst einmal ein geistiges Ziel in den Menschenherzen erwachen. Wenn man ein Verlangen danach hat, dass einmal eine geistige Sicht erwacht, so wird man sich spirituellen Gedanken hinwenden, diese erforschen und pflegen. Diese Aktivität kann mit einem Dreieck, das mit der Spitze nach oben weist, dargestellt werden. Δ

Soweit einmal eine bildhafte Vorstellung, die man während des Singens im Gedächtnis bewahren kann: ein Dreieck, das sich mit der Spitze nach oben aufrichtet, begegnet einem anderen Dreieck, das sich von oben nach unten erstreckt.

Imanuel Kant und die Aufklärung im Sinne von „erleuchten“

Bevor sich in der Geschichte der deutsche Begriff „Aufklärung“ für diejenige historische Epoche durchgesetzt hat, sprach man von ihr mit dem englischen Begriff „enlighten“. Das heißt, wir finden in der Epoche der Aufklärung tatsächlich ein historisches Ereignis, das sich selbst mit einer Erfahrung von Erleuchtung assoziiert. Versuchen wir deshalb einmal, Kants Definition der Aufklärung zum besseren Verständnis des Sanskrit Mantras heranzuziehen:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne der Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn deren Ursache nicht in einem Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich dessen ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines Verstandes zu bedienen, ist somit der Wahlspruch der Aufklärung.²

Aufklärung (enlightment) ist also das Ergebnis einer Aktivität des Menschen. Diese kann man ganz allgemein damit zusammenfassen, dass der Mensch beginnt, seinen eigenen Verstand zu benutzen.

Die geistigen Hierarchien warten auf den sozial denkenden Menschen

In der Lebenspraxis lässt sich nun sehr gut beobachten, wie eine jede eigenständige gedankliche Aktivität eine sozial fördernde Natur in sich trägt. Das heißt, mit Denken ist hier sicher nicht das passive Wiedergeben von Gedanken anderer gemeint. Kant weist ja darauf hin, dass Entschlossenheit und Mut dafür notwendig sind.

Inwieweit die Hierarchien der Engel (also ganz allgemein die geistigen Welten) auf diese Aktivität des Menschen warten, erläutert folgendes Zitat, das noch einmal der Feder von Heinz Grill entstammt:³

Diese Beobachtung, dass Prozesse leicht und erfolgreich verlaufen, wenn sie von persönlichen Erfolgs- und Wissenszwängen frei sind, trägt eine Heiterkeit und Ironie in sich. Das Gesetz ist dahingehend zu verstehen, dass der Mensch, wenn er seine Gaben und Talente nur für sich selbst nimmt, sie nicht wirklich in eine ausreichende Ausgestaltung führen kann. Die Hierarchien, die Engelwesen, sind dem Menschen, der nur für sich selbst eine Entwicklung seiner Künste und Fähigkeiten anstrebt, nicht besonders freundlich gesonnen. Sie ziehen sich von diesem Menschen immer mehr zurück.

Jenem aber, der sich mit seinen Gaben und Fähigkeiten immer weiter für die Welt öffnet und sie in einen aufbauenden Gesamtprozess des Lebens stellt, können die geistigen Hierarchien eine Antwort geben und sie widmen sich ihm mit größter Mühe. … Sobald das Prinzip der Gegenseitigkeit und Wahnehmung der Mitmenschen ausreichend getätigt ist, können die höheren Hierarchien in das Schicksal des Menschen eingreifen. Ab jenem Moment, ab dem der Einzelne einen gedanklichen und sinnvollen Aufbauprozess für ein größeres Ganzes erkennen und erleben lernt, gesellen sich die höheren Hierarchien in seine Nähe. Eine Stimmung der Heiterkeit entflammt mit dem Loslassen des zwanghaft persönlich gebundenen Verhaltens.

Krishna, der heitere Geselle

Nach diesen Konkretisierungen zu einer dem europäischen Geist zunächst fremden indischen Gottheit, kann das Mantra „Sri Krishna Govinda Hare Murare“ im Sinne der zuletzt benannten Heiterkeit rezitiert werden: In dem Moment, wo wir uns von der Selbstbezogenheit ein Stück ablösen, den Mut fassen, einem Phänomen mit entschlossener Wahrheitssuche zu begegnen, lichtet sich die Atmosphäre und geistige Hierarchien – oder mit der indischen Vorstellung des Krishna – kommen dem Menschen entgegen. Interessant ist, dass Krishna tatsächlich auch als sehr heiterer Geselle dargestellt wird. Es gibt viele volkstümliche Erzählungen über ihn, wie er zum Beispiel den Hirtenmädchen beim Baden ihre Kleider stiehlt oder wie er völlig erhaben über den irdischen Gegebenheiten und kleinlichen Sorgen der Menschen bleibt.

Und nun wünsche ich euch viel Freude beim Lernen, Singen und Rezitieren dieses schönen Mantra!

Alina

 

Quellen und Anmerkungen:

(1) Die Erläuterung beruht auf handschriftlichen Aufzeichnungen nach den Worten des Geistforschers Heinz Grill.

(2) Imanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, Essay 1784

(3) Heinz Grill, Das Wesensgeheimnis der Seele, Stephan Wunderlich Verlag 2014, ISBN 9783981585551, S.217

 

Bildquellennachweis (21-05-09): Bild von falco auf pixabay

 

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