Über Leben und Sterben, Reflexionen über die Letzten Dinge von Jiddu Krishnamurti.
Rezension der Sammlung von Texten zum Thema „Über Leben und Sterben, Reflexionen über die Letzten Dinge“ von Jiddu Krishnamurti, herausgegeben von Stephan Schumacher in der Reihe „Spirit Fischer.“ Von 1998 bis 2005 hat das Buch sieben Auflagen erfahren, in den letzten Jahren scheint es weniger gefragt zu sein.
Offensichtlich war das Leben und Sterben im Rahmen der Vortragsreisen in der ganzen Welt von Jiddu Krishnamurti immer wieder Thema, denn die 25 abgedruckten Textausschnitte entstammen dem Zeitraum von 1932 -1972, also seiner kompletten Vortragstätigkeit.
Wie sieht Krishnamurti das Leben und Sterben?
Gegenüber seinen Zuhörern und Fragestellern wiederholt Krishnamurti immer wieder seine Grundanschauung zum Thema Tod. In etwa kann man sie folgendermaßen zusammenfassen: Die Menschen haben Angst vor dem Tod, weil sie Kontinuität wünschen. Diese Art von Kontinuität gibt es aber nicht. Vielmehr geht es darum, der Realität ins Auge zu sehen, dass nämlich jeden Tag und jede Stunde etwas zu Ende geht und aber zugleich auch etwas neu beginnt. Wer sich eine solche Haltung aneignet wird nicht nur die Angst vor dem Tod verlieren, sondern auch in seiner Seele erfahren, was Unsterblichkeit ist. So äußerte er sich zum Beispiel im Jahr 1968 auf einem Vortrag in Paris folgendermaßen:
Solange man das Leben nur als eine Flucht vor dem Tod versteht, ist es äußerst sinnlos. Wenn man versteht, was leben heißt, nämlich den Kummer zu beenden, den Kampf zu beenden, kein Schlachtfeld aus dem Leben zu machen, dann wird man in seiner Psyche, zuinnerst, erkennen, dass Leben bedeutet zu sterben – allem zu sterben, jeden Tag, allen Schätzen zu sterben, die man gesammelt hat, so dass der Geist jeden Tag frisch, neu und unschuldig ist. Und das erfordert enorme Aufmerksamkeit.
Der Begriff des „Ich“ bei Krishnamurti
In diesem Zusammenhang ist es interessant welche Dimension das „Ich“ bei Krishnamurti einnimmt. Man könnte sagen, er versteht darunter das innerweltliche Ich, das sich durch das intellektuelle Denken erfährt. Da die gewöhnliche Form des Denkens nur eine begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit hat, kommt Krishnamurti zu der Einsicht, dass dieses gewöhnliche Ich nach dem Tode nicht fortdauern kann. Und er stellt fest: „…was wir nicht akzeptieren, ist das psychische Enden des „Ich“…Wir fürchten das Ende des psychischen Daseins, das Ende des „Ich“, der „Seele“ in den verschiedenen Worten und Gestalten, die wir dem Mittelpunkt unseres Seins verleihen.“
Mit dieser Einsicht stellt sich Krishnamurti eindeutig außerhalb des indischen philosophischen Gedankenguts, nach welchem sich ein großes Unendliches sogenanntes paratman in den individuellen Seelen inkarniert als jivatman und in dieser individuellen Eigenschaft dennoch seine unendliche Natur beibehält. Nach seiner Erfahrung ist für den Schritt vom Endlichen zum Unendlichen eine Art Abgrund zu überwinden, was nur gelingt, wenn man lernt, die Maschinerie des gewöhnlichen Denkens zum Stillstand zu bringen. In dieser Stille werden sodann Liebe, wahres Leben und Unendlichkeit erfahrbar.
Die Reflexionen über die Letzten Dinge sind für all jene Personen lesenswert, die nach einer Antwort auf die Frage nach Sinn und Wesen des Todes suchen. Insofern ist es ein zeitlos aktuelles Buch, das zur mutigen Konfrontation mit der Angst vor dem Tod, die wohl jeder mehr oder weniger in sich trägt, anregt.
Spiritueller Wert 5/5
Praktischer Wert 3/5
Das Buch kann online erworben werden auf Amazon.at, derbuchhaendler.at, oder Thalia.at.
Jiddu Krishnamurti, Über Leben und Sterben, Reflexionen über die Letzten Dinge, 160 Seiten, Fischer Taschenbuch Verlag, erschienen im Jahr 1998, die aktuell lieferbare Ausgabe variiert bei den unterschiedlichen online-Shops, ISBN 978-3-596-13656-8.
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