Rezension des Buches über Meditation von dem Tai-Chi-Großmeister Johwa Choi.
Der Autor des Buches leitet in New Jersey in den Vereinigten Staaten ein Studio für ZEN Meditation, Tai Chi und Chi Gong. Mit dem Buch über „Harmony Meditation“ legt er seine Erfahrungen und seine Philosophie zur Meditation dar. Er selbst hat den Ingenieur-Beruf an den Nagel gehängt, um sich ganz dem Unterrichten zu widmen: „Nach einer langen Zeit, die er mit Forschung und Entwicklung verbrachte, wurde er der erste Ingenieur für Menschen.“, so lautet die etwas glorifizierende Beschreibung auf der Rückseite des Buches.
Östliche Philosophie für westliche Interessenten
Die deutsche Übersetzerin, Anke Klippel, berichtet dementsprechend auch davon, wie sehr ihr die im Buch vermittelten Kenntnisse auf ihrem Lebensweg zu mehr Stabilität und Zentrierung verholfen haben. Der Autor möchte in 12 fortschreitenden Kapiteln den Leser auf den Pfad der „Harmony Meditation“ führen. Die Inhalte seiner Gedankengänge entstammen offensichtlich der fernöstlichen Philosophie, wenn er auch ein so westliches Konzept wie den Engel mit aufgenommen hat. Auch das Anliegen des gesamten Büchleins erscheint vornehmlich westlich orientiert: er spricht mehrfach direkt zu dem modernen Menschen, der seine Freizeit gut organisieren muss, wenn er mit den verschiedenen Anforderungen von Beruf, Familie und persönlichem Fortschritt zurecht kommen möchte.
Im ersten Kapitel wird der Leser mit verschiedenen Betrachtungen zur Gegenwärtigkeit des Hier und Jetzt geführt. Im zweiten Kapitel wird er zum Gewahrsein der Polarität von Hell und Dunkel geführt. Er regt an, eine Helligkeit im Brustbereich durch aktive Körperarbeit zu erzeugen. Im dritten Kapitel widmet er sich dem Phänomen, dass jeder Mensch Probleme hat. Sein Anliegen ist es hier, dass der Leser eine gewisse Distanz zu den persönlichen Problemen einnehmen lernt.
Über 12 Kapitel hinweg führt er so die Gedankengänge des Lesers bis zu der Anschauung eines vollkommenen Lebenskonzepts und macht auch Mut, solch ein Konzept als persönliche Zielperspektive anzuvisieren.
Der westliche Engel und der östliche Begriff MuAh
Es ist das 7. Kapitel, wo der Autor Johwa Choi auf den Engel zu sprechen kommt:
Dort vor Deiner Brust befindet sich ein Engel. Dieser Engel vor Dir ist speziell für Dich und nur für Dich. Er hat allerdings keine Flügel, weil es ein richtiger Engel ist. Versuche nicht, den Engel zu sehen. Versuche den Engel durch Deinen Geist zu sehen und durch Dein Herz. Das Böse kann Dir viele Dinge zeigen, damit Du an es glaubst. Ein Engel, jedoch, kommt wie Liebe zu Dir, Du musst ihn also fühlen…
Mit dem Konzept des Engels möchte der Autor ausdrücken, dass der Leser etwas Besonderes ist und dass er die Fähigkeit zum Lieben hat.
Im 10. Kapitel, das den inhaltlichen Höhepunkt darstellt, führt der Autor den Begriff MuAh* ein. Während er erläutert, dass der Mensch verschiedene Körper hat, benennt er den sogenannten vierten Körper mit dem Begriff „MuAh“ und beschreibt ihn mit den Worten:
Dieser vierte Körper ist jenseits von Dir und jenseits aller Deiner anderen Körper. … Wir sind aus der übergreifenden Gesamtheit von allem entstanden. Unsere Entstehung rührt her von allem anderen. Wenn wir mit allem verbunden sind, aber auch mit nichts, spüren wir unseren vierten Körper. Es ist der MuAh Körper.
Es ist interessant, wie Johwa Choi sich zwar ganz auf dem Hintergrund fernöstlichen Denkens bewegt und doch das christliche Konzept der Liebe und des Engels in seinen Meditationspfad integriert. Es scheint, als habe er in seiner Arbeit mit den verschiedenen Menschen bemerkt, dass es in der modernen Zeit notwendig ist, auf das Phänomen der Liebe, wie sie in jedem Menschen als Möglichkeit angelegt ist, hinzuweisen.
Die Zahlensymbolik von 1 – 10
Als Grundkonzept für das ganze Buch verwendet der Autor die Zahlensymbolik von 1 bis 10 und belegt die Nummern mit bestimmten Inhalten, wie oben für die ersten Kapitel beschrieben wurde. Damit kommt er dem westlichen, berechnenden Geist ebenfalls entgegen und gibt dem Leser eine Handhabe, wie er das Gefühl haben kann, Stück für Stück auf dem Pfad der inneren Entwicklung fortzuschreiten.
Das Buch „Harmony Meditation“ ist zu einem gewissen Teil eine mehr subjektive Formulierung eines möglichen Pfades zur inneren Entwicklung, wie er sich aus der Arbeit des Autors heraus kristallisiert hat. Zu einem weiteren Teil ist darin fernöstliches Gedankengut sowie der christliche Aspekt des Engels enthalten. Diese Konzepte können als objektive, universale Wahrheiten wahrgenommen werden und verleihen dem Buch eine, wenn auch personell gefärbte, Aussagekraft.
Das Buch eignet sich deshalb für den modernen Meditierenden, der eine Bewältigung der Alltagssituation sowie eine positive, überkonfessionelle Perspektive mit der Meditation anstrebt. Da es sich aber in der Summe eher um tradiertes Wissen handelt, ist weniger eine unmittelbare spirituell ausstrahlende Substanz, denn eine mehr subjektive Zwiesprache zwischen Autor und Leser wahrnehmbar.
*Mu-Ah bedeutet so viel wie Nicht-Körper. Über die Silbe Mu (japanisch), bzw. Wu (chinesisch) wird in den Erläuterungen zu der Praxis der Koan berichtet, siehe zum Beispiel hier in englischer Sprache.
Spiritueller Wert 2/5
Praktischer Wert 4/5
Harmony Meditation, Johwa Choi, 104 Seiten, © Johwa Byung Choi 2014, ISBN 9780991298822
Das Buch kann online erworben werden über Amazon.at.
Bildquellennachweis (18-12-01): Amazon, pixabay_LwcyDesign, pixabay_44833