Rezension der Einführung in die Sanskritsprache von dem Programmierer und Sachbuchautor Ulrich Stiehl.
Moderne Wege beschreiten
Sowohl innerhalb als außerhalb des universitären Bereichs stoßen an der Sanskritsprache interessierte Personen schnell einmal auf das vorliegende Sanskrit-Kompendium von Ulrich Stiehl. Der Autor hat sich schon von Jugend an für Sprache, Semantik und zugleich für Informatik interessiert. Beruflich war er als Ausbilder im Verlagswesen tätig und hat mit der Entwicklung der digitalen Basis für die Druckschrift “Sanskrit 2003” einen großen Beitrag für das Drucken von Texten in der sogenannten Devanagarischrift – wichtig für Hindi, Sanskrit und andere asiatische Sprachen – geleistet.
Eine weitere Frucht dieser Auseinandersetzung mit Linguistik und asiatischen Sprachen ist das Sanskrit-Kompendium. Der Autor begeht mit diesem Buch neue Wege, indem er nicht der klassischen linguistischen Tradition des Sprachunterrichts folgt. Gewöhnlich sind Sprachlehrbücher in Lektionen aufgebaut, die jeweils einen Abschnitt aus der Grammatik behandeln, Vokabular einführen und dann Übungstexte, in diesem Fall vom Sanskrit ins Deutsche und vom Deutschen ins Sanskrit enthalten.
Das Ziel von Ulrich Stiehl war es, ein möglichst komprimiertes Lehrbuch zu erstellen und so hat er mit Hilfe von Computerprogrammen einen ausgefeilten Basiswortschatz herausgefunden, der nun an 2000 Sätzen nach und nach in die grammatikalischen Details einführt. Diese Übungssätze bilden den Hauptteil des Kompendiums, daran schließt sich der Grammatikteil in Form einer Übersicht an. Den letzten Abschnitt bildet eine komplette Wort-für-Wort-Übersetzung der ersten beiden Kapitel aus der Bhagavadgita.
Mit wenig Zeitaufwand viel lernen
Diese sogenannte Clustermethode soll es dem an der Sanskritsprache Interessierten ermöglichen, mit möglichst wenig Zeitaufwand zu einer möglichst guten Beherrschung der Sprache zu kommen. Der Begriff Cluster kommt von dem Erscheinungsbild der Übungssätze, die jeweils in der Devanagari-Schrift, Deutscher Übersetzung, wissenschaftlicher Umschrift und dann Wort-für-Wort-Erklärung abgebildet sind. Als Beispiel soll der Übungssatz Nr. 370 zitiert werden:
३७० गृहिनी मुद्रा गणयति
370 Die Hausfrau zählt die Münzen.
370 gṛhinī mudrā gaṇayati
[gṛhinī = Hausfrau; mudrā = Münze (mudrāḥ, Akk. Pl.); gaṇ, gaṇayati, 10. = zählen (PrSg.)]
Der Lernende lernt hier die drei Worte Hausfrau, Münze und zählen kennen und er übt sich im Erkennen der sogenannten ī -Deklination, d.h. der Hauptworte, die auf ein langes ī enden. Die komplette Deklination sollte er sich zusätzlich im Grammatikteil ansehen.
Wer sehr rational eingestellt ist, wird mit dieser Methode wohl gut zurecht kommen. Da bei den aus rein praktischen Überlegungen erstellten Übungssätzen aber der innere Zusammenhang fehlt, kann sich dies erschwerend auf den Lerneffekt auswirken.
Als äußerst nützliches Nachschlagewerk erweist sich hingegen der Grammatikteil, wo übersichtliche Gliederung und komprimierte Darstellung voll zur Geltung kommen. Auf sämtliche Deklinationen, Konjugationen und wichtige grammatikalische Details hat man einen schnellen Zugriff.
Lehrbuch für Studenten
So ist das Buch im gesamten vor allem für moderne, intellektuell orientierte Anwender und für Studenten geeignet. Aktuell ist nur eine für den Bedarf von Studenten gekürzte Paperbackausgabe auf dem Büchermarkt erhältlich, bei der die in der Hardcoverausgabe enthaltenen Register zur Grammatik und zum Vokabular ebenso fehlen wie die Wort-für-Wort-Übersetzung des Abschnitts aus der Bhagavadgita.
Spiritueller Wert 2/5
Praktischer Wert 5/5
Ulrich Stiehl, Sanskrit-Kompendium, 400 Seiten, Paperback, Verlag Books on Demand, ISBN 978-3743173040.
Das Buch kann online erworben werden bei Amazon.at, derbuchhaendler.at, Thalia.at.
Bildnachweis (19-08-30): Amazon