Soma, Dr. David Frawley

Rezension des Buches über Verjüngung und Unsterblichkeit im Yoga und im Ayurveda.

Der im Jahr 1950 geborene Amerikaner David Frawley hat sein Leben dem Studium der indischen Veden gewidmet, die er über die Lektüre von Sri Aurobindo entdeckt hatte. Sein erstes schriftliches Werk waren Übersetzungen von Hymnen aus dem Rigveda, der ältesten philosophischen Schrift Indiens, in die englische Sprache. In diesen Anfangszeiten publizierte er unter dem Pseudonym M.P. Pandit. Als solcher hat er auch die Zusammenfassung von Sir Woodroffs “Schlangenkraft” verfasst, auf die ich mich in den Beiträgen über den Kundalini-Yoga beziehe.

Heute gilt Dr. David Frawley als Veda-Kenner, Ayurveda-Arzt und Lehrer der indischen Astrologie. Eines seiner aktuellsten Bücher ist das vorliegende Werk über Soma in Yoga und Ayurveda. Das Wort “Soma” ist Menschen, die noch nie mit dem Hinduismus in Berührung gekommen sind, mit Sicherheit fremd. Für jeden religiösen Inder ist es dafür umso bedeutungsvoller, worauf die beiden Swamis Veda Bharati und Rama Sadhaka Grama bereits in ihrem Vorwort hinweisen: Die Begriffe Agni und Soma verkörpern das Sonnen- und Mondenelement, bzw. das männliche und das weibliche Prinzip in der Weltenschöpfung.

Soma ist der Nektar der Unsterblichkeit

Der Autor hat sich mit dem Buch ein hohes Ziel gesetzt. Sein Anliegen ist es, unterschiedliche Elemente aus dem Yoga und dem Ayurveda in praktischer Hinsicht zu beschreiben, die eine Ausrichtung auf die Unsterblichkeit im Bewusstsein ermöglichen. Diese sei Bestandteil der ureigenen Natur des Menschen und somit könne es möglich werden, das äußere Leben zu verlängern. Das Buch ist mit 517 Seiten sehr umfangreich und doch ist es in fünf klare Abschnitte unterteilt. Am Anfang stehen Betrachtungen zum Begriff der Unsterblichkeit und des langen Lebens. Der Autor eröffnet dem Leser einen reichhaltigen Einblick in indisches philosophisches Denken und beginnt mit Betrachtungen zur physischen Unsterblichkeit, die in Erzählungen über indische Heiligengestalten durchaus eine Rolle spielt. So gibt es Berichte von Heiligen im Himalaya, die nie sterben und von anderen, die aus eigenem Wunsch unmittelbar in das Leben eintreten, ohne eine menschliche Geburt zu erfahren.

Doch physische Unsterblichkeit ist nicht die Absicht des Buches und so führt der Autor die Gliederung heran von einem Körper, der sterblich ist, einem Geist, der in aufeinanderfolgenden Inkarnationen immer wiederkehrt und einem Bewusstsein, das immer unsterblich bleibt.

Was ist nun das Soma, das in den ältesten vedischen Texten “Nektar der Unsterblichkeit” genannt wird?

Lassen wir den Autor die beiden kosmischen Prinzipien Agni und Soma präzisieren (S. 83ff):

Agni verweist – auf sämtlichen Ebenen – auf die Seele, auf Feuer und auf Licht. Soma verweist auf die Natur, auf Wasser und auf Materie. Mit Agni wird die Kraft der Hitze und der Transformation umschrieben. Mit Soma ist das Anschwellende und Überquellende gemeint….Agni ist die Sonne, die von sich aus erstrahlt und Soma der Mond, dessen Licht lediglich aus dem Widerschein der Sonnenstrahlen hervorgeht….Agni als Feuer steht für Licht im weitesten Sinn. Das Licht der Wahrnehmung und das Licht des Bewusstseins zählen mit dazu. …Soma als Wasser dient als Medium, auf dem Licht sich widerspiegeln kann, wobei sich in solch einer Widerspiegelung im Grunde eine Qualität des Lichts selbst zeigt. In dieser Hinsicht ist Soma…zugleich der Geist und letzten Endes das Reflektionsvermögen des Bewusstseins….In einem ganz tiefgründigen Sinne ist Agni das Feuer des Bewusstseins, das sich im Soma, dem Wasser der Glückseligkeit widerspiegelt.

Da die Betrachtungen sich auf den Körper und den Geist gleichzeitig beziehen, was für westlich-modernes Denken etwas ungewöhnlich ist, kommt es zu weiteren komplexeren Beschreibungen über die beiden polaren Phänomene: So steuert Agni im Körper die Stoffwechselprozesse (= Verdauungsfeuer), im Geist und in den Sinnen dagegen die Wahrnehmung. Soma regelt im Körper die Form anhand der verschiedenen Gewebearten, im Geist und den Sinnen steuert er das Gefühl.

Die drei Doshas aus dem Ayurveda und ihre höherentwickelten Formen

Die drei Grundkonstitutionen im Ayurveda heissen Vata, Pitta und Kapha.

In einem nächsten Schritt bezieht David Frawley die Prinzipien Agni und Soma auf die drei im Ayurveda bekannten Typen oder Doshas, die Vata, Pitta und Kapha genannt werden. In einer einfachsten Zuordnung entspricht das Kapha dem wässrigen und damit dem Soma-Prinzip, Pitta entspricht dem feurigen und damit dem Agni-Prinzip, während Vata dem luftigen, bewegten Prinzip entspricht, das aus der Begegnung, bzw. aus der Polarität der beiden anderen Prinzipien hervorgeht.

Im allgemeinen erklärt man im Ayurveda das Krankwerden als Ergebnis eines Überhandnehmens von einem bestimmten Dosha. Umgekehrt stellt sich Gesundheit ein, wenn diese Doshas zu ihren höheren feinstofflichen Formen entwickelt werden, dem Ojas (= Stärke) als innerste Nerven- und Körpersubstanz, dem Tejas (= Ausstrahlung) als das Feuer der Lebenskraft, das sich in warmen, charaktervollen und entschlossenen Handlungen zeigt und schließlich dem Prana, der Vitalenergie, die den Lebensfunktionen ihren Antrieb schenkt.

Im folgenden werden die Betrachtungen immer konkreter, denn der Autor kommt auf die Bedeutung der Ernährung, die Bedeutung der Gesunderhaltung, bzw. Verjüngung des Körpers nach der Ayurveda-Lehre durch richtige Ernährung und spezielle Anwendungen wie auch anhand bestimmter Elemente des Yoga wie Atemübungen, Mantra-Rezitation und Meditation zu sprechen.

Somit erklärt sich der Umfang des Buches aus dem Anspruch, die Lehren des Ayurveda (Teil II) und des Yoga (Teil III) in Hinsicht auf die Möglichkeit der Verjüngung und des langen Lebens zu untersuchen und bis ins praktische Feld auszuarbeiten.

Ein abschließender Teil ist astrologischen Betrachtungen gewidmet, des weiteren der Suche nach der echten Soma-Pflanze und schließlich komplettieren einige Gedanken zu Shiva und eine Sammlung von Soma-Versen in deutscher Übersetzung aus dem Rigveda das Buch.

Einführung in Yoga und in Ayurveda zugleich

David Frawley legt mit diesem Buch eine Einführung in den Yoga und in den Ayurveda zugleich vor, anhand der interessanten Frage, wie der Mensch Verjüngung in diesem Leben erhalten kann. Das Ergebnis ist weder eine trockene Abhandlung noch ein unübersichtliches Aneinanderreihen von praktischen Aspekten. Das Buch ist leicht zu lesen und dennoch inhaltsreich, praktisch und tiefgründig. Man kann es wohl mit Fug und Recht als ein reifes Spätwerk einer authentischen Persönlichkeit bezeichnen. Da David Frawley die dargelegten Inhalte selbst im eigenen Leben studiert und angewendet hat, da er sie selbst umzusetzen versucht und über Yoga und Ayurveda nicht nur aus ferner Anschauung spricht, kommt in dem Buch eine spirituelle Note zum Ausdruck.

Eine sehr empfehlenswerte Lektüre für alle an östlicher Philosophie in ihrer praktischen Erscheinung interessierten Menschen.

Spiritueller Wert 5/5

Praktischer Wert 5/5

Dr. David Frawley, Soma, Verjüngung und Unsterblichkeit, Yoga und Ayurveda für Körper und Geist, 517 Seiten, Taschenbuch, Verlag Windpferd 2012, ISBN 9783864100239.

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Bildquellen (19-01-23): Amazon, pixabay-BaluBFA12

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